Warum bellen Hunde?

Eigentlich könnte man die Frage ganz simpel und einfach mit «wegen uns Menschen» beantworten. Aber was steht denn eigentlich dahinter und warum für uns Menschen?

Um diese Fragen zu beantworten ist es wichtig, sich als erstes anzuschauen, ob der gemeinsame Vorfahr von Hund und Wolf bellen konnte. Dies ist sehr wahrscheinlich, denn auch der heutige Wolf nutzt das Bellen als Kommunikation, auch wenn dies nur äußerst selten vorkommt. Wölfe bellen nur bei großer Gefahr (insbesondere um Jungtiere zu warnen), bei der Verteidigung (im Ernstkampf), oder in sozialen Konflikten, wenn ein Individuum extrem stark bedrängt wird (Feddersen-Petersen 1986).

Hunde hingegen bellen in diversen Situationen und es wird als DIE Lautäußerung des Hundes bezeichnet. Je nach Hunderasse wurden bis zu 12 Belltypen unterschieden (Feddersen-Petersen 1986, 2000). Dieser Unterschied zwischen Hund und Wolf im Gebrauch des Bellens deutet darauf hin, dass während der Domestikation diese Lautäußerung gefördert wurde und legt nahe, dass sie für den Menschen von Bedeutung sein könnte.

Pongrácz und Kollegen veröffentlichten 2005 einen sehr spannenden Artikel zum Thema Bellen bei Hunden. In der beschriebenen Studie untersuchten die Wissenschaftler, ob Menschen das Bellen des Hundes richtig interpretieren können, auch wenn sie das Tier selber nicht sehen können. Dazu wurde das Bellen von 19 Hunden (Mudis) in 6 verschiedenen Situationen aufgenommen.

  1. Fremde Person: eine fremde Person näherte sich dem Garten des Hundes (Besitzer nicht in der Nähe)
  2. Schutzhund: der Hund verbellt die gestellte Person
  3. Aufbruch zu einem Spaziergang
  4. Alleine: der Hunde wurde in einem Park angebunden und der Besitzer ging außer Sicht
  5. Ball: Aufnahmen während des Ballspiels
  6. Spiel: Aufnahmen während der Besitzer mit dem Hund spielt

Zunächst wurde untersucht, ob sich das Bellen, basierend an der Tonalität und den Intervallen, in den unterschiedlichen Situationen voneinander statistisch unterscheiden lässt. Es stellte sich heraus, dass sich insbesondere die Intervalle stark voneinander unterscheiden.

Zusätzlich wurden 3 Versuchspersonengruppen (Mudibesitzer, Hundebesitzer und Personen ohne Hundeerfahrung) an je 12 Probanden Bellbeispiele aus allen Situationen vorgespielt. Diese wurden vorgängig auf 20s lange Ausschnitte geschnitten. Die Versuchspersonen mussten zuerst das Bellen der Hunde nach dem Emotionalitätskontext (Aggressivitätslevel) bewerten, danach sollten sie herausfinden, in welcher Situation die Hunde gebellt haben.

Alle Personen, egal ob sie Erfahrung mit Hunden hatten oder nicht, konnten das unterschiedliche Bellen voneinander unterscheiden. Einzig zwischen Spiel, Ballspiel und Aufbruch zu einem Spaziergang konnte nicht zuverlässig unterschieden werden.

Die Tatsache, dass auch Personen ohne Erfahrung mit Hunden die verschiedenen Erregungslevel im Bellen unterscheiden können, spricht dafür, dass das Bellen für den Menschen entstanden ist, und zwar in einer Koevolution, also in beidseitiger evolutiver Abstimmung aufeinander. Damit das möglich war, hat sich das Bellen als Kommunikation zwischen Hund und Mensch als für beide Seiten voreilhaft erwiesen. (Aus: «Human listeners are able to classify dog (Canis familiaris) barks recorded in different situations» von Pongrácz et al. 2005)